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Anmerkung zu:BSG 1. Senat, Urteil vom 19.12.2024 - B 1 KR 19/23 R
Autor:Dr. Kyrill Makoski, RA und FA für Medizinrecht
Erscheinungsdatum:26.06.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 55 SGG, Art 19 GG, Art 74 GG, § 8 KHEntgG, § 137 SGB 5, § 3 BPflV 1994, § 136a SGB 5, § 275c SGB 5, § 2 SGB 5
Fundstelle:jurisPR-MedizinR 6/2025 Anm. 1
Herausgeber:Möller und Partner - Kanzlei für Medizinrecht
Zitiervorschlag:Makoski, jurisPR-MedizinR 6/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Die Regelungen der PPP-RL sind rechtmäßig



Orientierungssatz zur Anmerkung

Die Regelungen der Richtlinie Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik (PPP-RL) des GBA sind mit der Ermächtigungsgrundlage vereinbar. Die Herleitung der Personalvorgaben ist ausreichend begründet. Die Sanktionsregelungen sind - inzwischen - verhältnismäßig.



A.
Problemstellung
Seit vielen Jahren wurde darüber geklagt, dass Krankenhäuser bei der Personalbesetzung sparen würden zulasten der Patienten, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Um dem entgegenzuwirken, wurde für den somatischen Bereich die Pflegepersonaluntergrenzenverordnung (PpUGV) erlassen. Danach muss ein Krankenhaus für bestimmte Stationen einen bestimmten Personalschlüssel nachweisen. Erfolgt dies nicht, führt dies entweder zu Vergütungsabschlägen oder zu der Auflage, die Zahl der Patienten zu verringern. Seitdem für den stationären Bereich im Rahmen des Pflegeentgelts jedoch eine vollständige Refinanzierung des Pflegepersonals erreicht werden kann, hat sich das Problem dort reduziert.
Im Bereich der psychiatrischen Versorgung gab es in der Vergangenheit nur Vorgaben für die Personalberechnung im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen durch die sog. Psych-PV. Diese Regelung wurde 2020 ersetzt durch die PPP-RL (Richtlinie des GBA über Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal – Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie). Diese Richtlinie enthält Vorgaben, wie viel Personal ein Krankenhaus vorhalten muss. Geschieht dies nicht, drohen Vergütungsabschläge und darüber hinaus auch noch Sanktionszahlungen.
Gegen die Richtlinie wurden unmittelbar Klagen erhoben. Mit diesen Klagen hat sich nunmehr in zweiter Instanz das BSG befasst und die erhobenen Einwendungen abgelehnt (auch in den Parallelverfahren B 1 KR 16/23 R, B 1 KR 17/23 R und B 1 KR 26/23 R). Die sehr umfangreichen Ausführungen sind insbesondere hilfreich, um eine kritische Prüfung von sonstigen GBA-Richtlinien in Zukunft zu ermöglichen.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Geklagt hatten mehrere Krankenhausträger, die im gesamten Bundesgebiet psychiatrische Einrichtungen betreiben. Ihre Klage gegen die PPP-RL hatte vor dem LSG Berlin-Brandenburg keinen Erfolg. Die Richtlinie entspreche den Vorgaben des § 136a Abs. 2 SGB V.
Das BSG hat die Revisionen der Klägerinnen zurückgewiesen.
Zunächst hat das BSG festgestellt, dass die Norm-Feststellungsklage zulässig sei. Da die Norm-Feststellungsklage nur zwischen den Beteiligten wirke, müsse immer geprüft werden, gegen welche Teile einer Richtlinie sich die Klägerin wende. Hier habe zwar die Klägerin beantragt, die PPP-RL insgesamt für nichtig zu erklären, aus den Argumenten ergebe sich jedoch, dass nur einzelne Regelungen angegriffen werden. Insoweit habe die Klägerin auch ein Feststellungsinteresse gehabt. Die Norm-Feststellungsklage sei nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Denn es sei der Klägerin nicht zuzumuten, zunächst eine mögliche Verletzung der Vorgaben der PPP-RL vorzunehmen, um dann über die Sanktionen zu streiten. Insoweit sei die Norm-Feststellungsklage auch zulässig. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Interesse am fiktiven Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG. Bezüglich der Mindestvorgaben sei die Klägerin nicht nur selbst, sondern auch unmittelbar und gegenwärtig betroffen. Sie habe auch ein berechtigtes Interesse an der Beilegung und Feststellung der Nichtigkeit der gerügten Feststellung der PPP-RL, um Sanktionen zu vermeiden. Insoweit sei von einer gegenwärtigen Betroffenheit auch dann auszugehen, wenn das Gesetz den Norm-Adressaten mit Blick auf seine künftig eintretende Wirkung zu später nicht mehr korrigierbaren Entscheidung zwinge oder wenn klar abzusehen sei, dass und wie der Norm-Adressat in der Zukunft von der Regelung betroffen sein werde. Insofern müsse die Klägerin bereits jetzt Personalmaßnahmen einleiten, um künftig die Vorgaben der Richtlinie zu erfüllen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass aktuell die Nichterfüllung der PPP-RL erst mit Ablauf des Jahres 2026 Auswirkungen auf die Vergütung haben könne. Denn die Klägerin könne rückwirkend weder die Personalausstattung erhöhen noch die Zahl der Behandlungsfälle reduzieren. Es sei ihr nicht zuzumuten, insoweit vorzuleisten. Unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtschutzes spreche auch nichts dagegen, die in § 13 Abs. 8 PPP-RL vorgesehenen Annex-Sanktionen mit zu überprüfen. Denn die Verletzung der Mitwirkungspflicht habe budgetrelevanten Wirkungen.
Allerdings sei die Norm-Feststellungsklage unbegründet. Der Bund habe die Gesetzgebungskompetenz für die hier maßgeblichen Fragen. Dies ergebe sich aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Die Kompetenz für die Sozialversicherung umfasse auch Regelungen zur Qualitätssicherung in der stationären Versorgung als Teil des Leistungserbringungsrechts. Zwar regle dies die Behandlungsqualität zugunsten gesetzlich Versicherter. Allerdings umfassen die Sanktionen auch nur die stationäre Behandlung gesetzlich versicherter Patienten. Vergütungsrechtliche Folgen bei nicht gesetzlich krankenversicherten Patienten ergeben sich allein aus den preisrechtlichen Regelungen in § 8 Abs. 4 Satz 1 KHEntgG und § 8 Abs. 3 Satz 1 BPflV. Diese erstrecken im Sinne einer dynamischen Verweisung die sozialversicherungsrechtlich von der Beklagten getroffenen qualitätssichernden Vorgaben und die Folgen ihrer Nichteinhaltung auf die Verfügung aller stationären Behandlungen.
Die unterschiedlichen Konzepte zur Ermittlung und Festsetzung eines Mindestpersonalbedarfs nach der PPP-RL und der PpUGV verstoßen nicht gegen das im allgemeinen Gleichheitsgrundsatz wurzelnde Gebot, bei der Festlegung auf ein bestimmtes Regelungskonzept an den einmal getroffenen Grundentscheidungen festzuhalten. Denn während der Gesetzgeber außerhalb des Bereichs der psychiatrischen Versorgung den Weg gewählt habe, dass das BMG selbst die Pflegepersonaluntergrenzen durch Verordnung festlege, sei im Bereich der Psychiatrie der GBA beauftragt worden, eine entsprechende Richtlinie zu erlassen. Dies begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weil der Gesetzgeber durchgängig eindeutig zwischen der somatischen und der psychiatrischen Behandlung unterschieden habe. Daher könne er auch unterschiedliche Regelungskonzepte für die Pflegepersonaluntergrenzen einsetzen.
Soweit hier die Kompetenz des GBA angegriffen worden sei, halte das BSG an seiner Rechtsprechung fest, dass der GBA zur Normsetzung in der gesetzlichen Krankenversicherung im Einklang mit dem Grundgesetz befugt sei. Auch außerhalb der funktionalen Selbstverwaltung seien im Interesse sachgerechter und effektiver Aufgabenwahrnehmung begrenzte Abweichungen von den Regelanforderungen uneingeschränkter personeller Legitimation zulässig. Verfassungsrechtlich komme es nicht auf die Form der Legitimation an, sondern das Erreichen eines ausreichenden Legitimationsniveaus. Hier sei auf die Rechtsprechung des BVerfG zu verweisen. Der Senat habe deswegen auch keine durchgreifenden Zweifel am ausreichenden Legitimationsniveau des GBS zum Erlass der PPP-RL. Insbesondere die Besetzung des GBA mit unparteiischen Mitgliedern verhindere bei der erforderlichen Mehrheitsbescheidung die einseitige Berücksichtigung der Interessen einer Seite. Zudem sei die Normsetzung des GBA durch die Bindung an die vom Gesetzgeber beschlossenen Vorgaben legitimiert. Insbesondere ergebe sich aus § 136a Abs. 2 Sätze 2 ff. SGB V eine ausreichend normdichte Anleitung des GBA, nach welchen Kriterien hier Pflegepersonaluntergrenzen festzusetzen seien. Schließlich unterliege die Normsetzung einer präventiven Rechtskontrolle durch das BMG als personell demokratisch legitimierten Amtswalter.
Der GBA habe die formellen Voraussetzungen für den Erlass der PPP-RL beachtet. Insbesondere sei nicht vorgetragen worden oder ersichtlich, dass Stellungnahmen berechtigter medizinischer Fachgesellschaften übergangen worden seien.
Die Ermächtigungsgrundlage sei eingehalten worden. § 136a Abs. 2 Satz 2 SGB V beauftrage den GBA, verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen therapeutischen Personal in der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung aufzustellen. Diese Mindestvorgaben sollen möglichst evidenzbasiert sein und zu einer leitliniengerechten Behandlung beitragen. Hierbei seien die besonderen altersabhängigen Anforderungen an die Versorgung von Kindern und Jugendlichen sowie die Bedeutung der Psychotherapie zu berücksichtigen. Zuletzt sei der GBA ermächtigt, zu den Mindestvorgaben der Personalausstattung notwendige Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen zu bestimmen. Aus der Gesetzesbegründung sei erkennbar, dass der Gesetzgeber die Festsetzung von Mindestvorgaben als unverzichtbar zur Sicherung der Qualität angesehen habe (vgl. BT-Drs. 17/8986, S. 50). Besondere Bedeutung habe der Gesetzgeber evidenzbasierten Leitlinien zugemessen. Sollten sich Mindestvorgaben aus den Leitlinien nicht ableiten lassen, habe der GBA die Mindestvorgaben auf die beste verfügbare anderweitige Evidenz zu stützen, ggf. auch auf externe Expertise. Hierbei habe der GBA auch dann Mindestvorgaben festzusetzen, wenn ein eindeutiger wissenschaftlich belegter Zusammenhang zwischen Menge und Qualifikation des therapeutischen Personals in den Behandlungsablauf nicht festzustellen sei.
Dieser Regelungsauftrag enthalte eine gegenüber den Vorgaben des allgemeinen Qualitätsgebots speziellere Regelung. Denn das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V sehe vor, dass die Behandlung den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müsse. Bei den Regelungen zur PPP-RL habe der Gesetzgeber jedoch eine speziellere Regelung getroffen und Mindestvorgaben gefordert, die nur „möglichst evidenzbasiert“ sein sollen. Dabei habe er den Schwierigkeiten tatsächlich nicht ermittelbarer Evidenz dadurch Rechnung getragen, dass er in diesem Fall ein Absehen von der medizinischen Begründbarkeit als zulässig erachtet habe. Es sei berücksichtigt worden, dass ggf. von Leitlinien auch medizinische Expertisen hinzuzuziehen seien. Insoweit habe der GBA auch bei fehlender Evidenz zur notwendigen personellen Ausstattung der stationären Psychiatrie und Psychosomatik verbindliche Mindestvorgaben festzusetzen. Zudem sei der GBA auch ermächtigt gewesen, Vorgaben für das Pflegefachpersonal einzusetzen. Soweit der Begriff „therapeutisches Personal“ verwendet worden sei, sei Bezug genommen worden auf die Berufsgruppen, für die in der Psych-PV bereits Vorgaben enthalten waren. Dies umfasse auch das Pflegepersonal.
Deswegen sei auch nicht zu beanstanden, dass der GBA Mindestvorgaben auf Grundlage der bis Ende 2019 akzeptierten und in Budgetverhandlungen umgesetzten notwendigen personellen Ausstattung festgesetzt habe. Denn bis zu diesem Zeitpunkt habe sich die notwendige personelle Ausstattung aus den Vorgaben der Psych-PV ergeben. Die dort genannten Berufsgruppen müssten dann in der PPP-RL berücksichtigt werden. Zwar sei unstreitig, dass es keine umfassenden evidenzbasierten Anhaltspunkte gab und gebe, welche Personalausstattung zur stationären psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung aus medizinischer Sicht erforderlich sei. Dennoch durfte der GBA die Mindestangaben im Wesentlichen unverändert aus der Psych-PV übernehmen. Eine Anpassung sei nur dann geboten gewesen, soweit feststellbar gewesen sei, dass sich die Rahmenbedingungen seit dem Inkrafttreten der Psych-PV (1991) geändert hätten. Die Abweichung der Minutenwerte ergebe sich z.B. aus der Nichtberücksichtigung eines Stationssockels, der in der Vergangenheit noch angesetzt worden sei. Ob eine höhere Evidenz mittlerweile verfügbar sei, könne insoweit offenbleiben. Jedenfalls habe der GBA seine Pflicht zur Beobachtung und eventuellen Anpassung der PPP-RL nicht verletzt. Der GBA habe sich selbst zu einer Anpassung verpflichtet, wenn es neue und bessere Personalbemessungsmodelle gebe.
Der GBA sei auch dazu beauftragt gewesen, Mindestvorgaben für die psychosomatische Versorgung festzusetzen. Dieser Bereich sei zwar in der Psych-PV nicht geregelt. Jedoch sei der GBA nicht auf den Bereich der psychiatrischen Versorgung beschränkt gewesen. Es bleibe dabei, dass die bisher anerkannten Grundsätze als Orientierung dienen sollten. Insoweit sei es auch nachvollziehbar, dass aufgrund der Vergleichbarkeit der Personalanhaltszahlen keine unterschiedlichen Werte angesetzt worden seien.
Soweit der GBA Mindestvorgaben festgesetzt habe, die nach Auffassung von Fachexperten auch nach den im Verfahren eingeholten Stellungnahmen zur Behandlung nicht ausreichend seien oder die eine leitliniengerechte Behandlung nicht ermöglichen, könne dies nicht zur Feststellung der Nichtigkeit der PPP-RL führen. Denn ein berechtigtes Interesse hieran könne die Klägerin nur aus einem für sie resultierenden Nachteil, etwa aber im Rahmen eines Gesamtbetrages zur Vereinbarung der Stellenbesetzung geltend machen. Dies habe sie jedoch nicht getan. Vielmehr müsste die Klägerin zur Einhaltung des Fachstandards ggf. sogar mehr Personal vorhalten, als die PPP-RL als Minimum vorsehe.
Der Regelungsauftrag sei auch nicht auf die Regelung von Mindestvorgaben zur personellen Ausstattung im Tagdienst beschränkt. Denn es gehe darum, welche Vorgaben der GBA für erforderlich halten dürfe. In bestimmten Bereichen sei es jedoch zwingend notwendig, dass ein Betreuungs- und Überwachungsbedarf auch bei Nacht abgegolten werde. Während die in der Psych-PV vorgesehenen Minutenwerte nicht den Nachtdienst umfassen, sei nicht zu beanstanden, dass der GBA die Mindestvorgaben bei fehlender Evidenz auf Erfahrungswerte aus den Budgetverhandlungen, normative Überlegungen zur notwendigen Höhe und empirische Daten zur tatsächlichen Personalausstattung gestützt habe. Hier sei auch zunächst ein schrittweises Vorgehen gewählt worden.
Die Erhöhung der Minutenwerte für die Berufsgruppe der Psychologen entspreche der Vorgabe von § 136a Abs. 2 Satz 3 SGB V, wonach die Mindestvorgaben zu einer leitliniengerechten Behandlung beitragen sollen. Allein im Bereich der Psychotherapie sei es dem Beklagten möglich gewesen, aus den S3-Leitlinien zur Schizophrenie eine untere Grenze des notwendigen Behandlungsangebot abzuleiten. Soweit nach den Mindestvorgaben weitere Berufsgruppen erforderlich gewesen seien, habe der GBA diese zu den Minutenwerten der Berufsgruppe der Psychologen addiert. Aufgrund der vorgebrachten Erfahrungswerte habe der GBA die Minutenwerte für die Berufsgruppe der Psychologen nur mit dem Wert der Psych-PV erhöht.
Auch beim Pflegefachpersonal seien die Werte erhöht worden. Dies sei vor allem dadurch begründet, dass dies bei erheblicher Eigen- und Fremdgefährdung entsprechend notwendig sei. Mittel wie eine Fixierung seien nur dann erforderlich, wenn andere Mittel nicht erfolgreich gewesen seien. Ein Verzicht auf die milderen Mittel allein deshalb, weil dafür erforderliches Personal nicht verfügbar sei, scheide aus. Der sich hieraus ergebende zusätzliche Personalbedarf sei in der Psych-PV noch nicht abgebildet gewesen, so dass eine Anpassung an die geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen der Intensivbehandlung vorzunehmen gewesen sei.
Soweit bei Einrichtung für Kinder und Jugendliche die Minutenwerte um fünf Prozent über alle Behandlungsbereiche und Berufsgruppen erhöht worden seien, folge dies aus dem Regelungsauftrag des § 136a Abs. 2 Satz 7 SGB V. Danach bestehe zwar ein genereller Bedarf zur Erhöhung der Minutenwerte bei dem Patientenklientel, dieser könne aber nicht detaillierter quantifiziert werden. Es handle sich damit um den ersten Schritt, was nicht anzugreifen sei. Die Erhöhung der Minutenwerte für die Berufsgruppe der Psychologen bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen sei ein Ergebnis des entsprechenden Fachgesprächs, wonach es einen deutlich höheren Bedarf gebe. Die festgesetzte Erhöhung sei noch unterhalb des Bedarfs, der als Ergebnis des Fachexpertengesprächs geblieben sei.
Das BSG stellt klar, dass § 2 Abs. 2 PPP-RL kein Leistungserbringungsverbot statuiere. Die Regelung bringe nur zum Ausdruck, dass die vorgegebene Personalausstattung eine grundsätzlich verbindliche Mindestvorgabe sei. Zwar sei nach dem Normtext die Behandlung der den Behandlungsbereichen zugeordneten Patienten nur grundsätzlich zulässig, wenn die verbindlichen Vorgaben erfüllt werden. Diese Regelung umfasse aber kein Leistungserbringungsverbot. Die Verbindlichkeit der PPP-RL sei schon Gegenstand von § 136a Abs. 2 Satz 2 SGB V. § 2 Abs. 2 PPP-RL sei jedoch eine bloße Grundsatznorm. Denn die in Bezug genommene Regelung des § 13 PPP-RL schließe ein Leistungserbringungsverbot gerade aus. Dies ergebe sich bereits aus der in § 13 Abs. 3 Satz 4 PPP-RL enthaltenen Aussage, dass für Leistungen ohne Einhaltung der Mindestanforderungen der Vergütungsanspruch entfalle. Allerdings gelte dies auch erst ab dem 01.01.2026. Insoweit werde die Nichteinhaltung der Mindestvorgaben bis zum 31.12.2025 überhaupt nicht sanktioniert. Ab dann gebe § 13 Abs. 7 PPP-RL nur vor, worauf sich der Wegfall des Vergütungsanspruchs beziehe, nämlich nur auf die dort genannten Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen, für die das therapeutische Personal der Berufsgruppen beteiligt sei. Dies setze aber logisch voraus, dass überhaupt ein Entgeltanspruch bestehe. Diese Regelung wäre nicht erklärbar, wenn aus § 2 Abs. 2 PPP-RL ein absolutes Leistungserbringungsverbot folgen würde.
Die Folgen der Nichteinhaltung der Mindestvorgaben seien ermächtigungskonform geregelt. Nach § 13 Abs. 3-7 PPP-RL entfalle der Vergütungsanspruch teilweise, wenn die Mindestvorgaben nicht eingehalten würden. Der GBA sei grundsätzlich dazu befugt, auch die Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätssicherungsanforderungen zu regeln. Insofern seien angemessene Durchsetzungsmaßnahmen vorzusehen, insbesondere Vergütungsabschläge und der Wegfall des Vergütungsanspruchs für Leistungen. Die Maßnahmen seien darüber hinaus verhältnismäßig zu gestalten und anzuwenden (§ 137 Abs. 1 Satz 4 SGB V). Die Mindestvorgaben selbst seien bereits kraft gesetzlicher Regelungen Mindestanforderungen, um die Versorgung im Einklang mit dem Qualitätsgebot und dem Wirtschaftlichkeitsgebot zu gewährleisten. Ein Wegfall des Vergütungsanspruchs wäre als Rechtsfolge der Verletzung von Mindestvorgaben unverhältnismäßig. In der Vergangenheit habe das BSG entschieden, dass eine gegen die Qualitätsvorgaben verstoßende Behandlung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße und deswegen nicht erforderlich sein könne. Hierauf habe der Gesetzgeber jedoch § 137 Abs. 1 SGB V geändert und einen Gestaltungsspielraum eingeführt. Vergütungsabschläge seien als Folge ausdrücklich genannt. Alle Durchsetzungsmaßnahmen müssen verhältnismäßig sein. Denn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei ein hohes verfassungsrechtliches Prinzip. Als verfassungsrechtlich legitime Zwecke für die Sanktionen seien der Patientenschutz und die Sicherung der Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung anzunehmen. Beiden Aspekten werde mit den Qualitätssicherungsmaßnahmen Rechnung getragen.
Seien Qualitätsanforderungen nicht auf gesicherten medizinischen Erkenntnissen erlassen worden, stehe bei der Nichteinhaltung dem Vergütungsanspruch jedenfalls nichts entgegen. Der GBA habe vielmehr zu berücksichtigen, ob und mit welchem Evidenzgrad medizinische Erkenntnisse zur Notwendigkeit der Qualitätsanforderung vorhanden seien. Fehlende Evidenz schließe zwar die Festsetzung von Qualitätsanforderungen nicht aus. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit könne aber genau eben dann ein Absehen von der Rechtsfolge regelhaft geboten sein. Hier bestehe eine Verbindung zwischen dem Grad der Evidenz und der Belastung der Sanktionen. Da die Mindestvorgaben der PPP-RL weitestgehend nicht auf Evidenz, sondern auf Erfahrungswerten beruhen, sei der GBA jedenfalls berechtigt, von der Rechtsfolge des regelhaften Vergütungswegfalls abzusehen und einen weniger belastenden Vergütungsabschlag zu regeln. Hier sei nur ein partieller Vergütungswegfall geregelt. Dieser sei seinerseits verhältnismäßig. Der Vergütungsabschlag sei als Durchsetzungsmaßnahme erforderlich, um der Verbindlichkeit der Mindestvorgaben Nachdruck zu verleihen. Es sei auch im engeren Sinne verhältnismäßig. Es sei erst einmal auch unbeachtlich, in welchem Umfang die Krankenhäuser die Anforderungen der PPP-RL erfüllen können. Falls es durch die Qualitätsanforderungen Versorgungslücken gebe, sei es Aufgabe des Gesetzgebers, hier tätig zu werden.
Das BSG verkenne dabei nicht den Zusammenhang zwischen Unterversorgung und Umfang der Qualitätsanforderung. Dies entbinde den GBA aber nicht davon, die gebotene Qualität festzustellen und anzuordnen. Ein angemessener Ausgleich sei auf anderer Ebene zu erhalten.
Die Regelung von Vergütungsabschlägen selbst sei auch erforderlich gewesen, um die Verbindlichkeit der Vorgaben abzusichern. Ein gegenüber den Vergütungsabschlägen milderes Mittel, welches in gleicher Weise die Verbindlichkeit absichere, sei nicht ersichtlich. Die Höhe des Vergütungswegfalls ergebe sich aus dem prozentualen Anteil der Vollkraftstunden, um die eine Einrichtung die Mindestvorgaben der PPP-RL unterschritten habe, multipliziert mit einem Personalkostenfaktor von 0,65. Soweit in der Vergangenheit die Sanktionsregelungen noch vorgesehen hatten, dass der Anteil des Unterschreitens mit einem Faktor von 1,7 zu multiplizieren sei und ein Personalkostenfaktor nicht eingerechnet worden sei, sei über die Verhältnismäßigkeit dieser Sanktionsregelung nicht mehr zu entscheiden. Diese sei inzwischen aufgehoben worden. Hier habe der GBA schon in seinem Beschluss vom 21.03.2024 Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit begründet und den Vergütungsabschlag deutlich reduziert. Zweck auch und gerade der Einführung des Personalkostenanteils sei gewesen, die Vergütung nur um den zur Erfüllung der Mindestvorgaben fehlenden Personalanteil zu kürzen. Damit schöpfe der Vergütungsabschlag im Wesentlichen die durch Unterschreitung der Vorgaben erwirkte Kostenersparnis des Krankenhauses ab.
Soweit die Klägerin darauf hingewiesen habe, dass bei Nichterreichung der im Rahmen des Gesamtbetrages bei weiteren Stellenbesetzungen nach § 3 Abs. 3 Satz 8 BPflV eine Absenkung des Gesamtbetrages zu vereinbaren sei, bewirke dies keine Doppelsanktion der Nichteinhaltung. Der im Rahmen des Budgets zu vereinbarende Gesamtbetrag umfasse auch den Kostenaufwand für das vorhandene Personal. Der Kostenaufwand sei bereits im Gesamtbetrag des Vorjahres enthalten. Dieser sei Grundlage der Vereinbarung des Gesamtbetrages für das aktuelle Jahr. Der Kostenaufwand des für die Mindestangaben nach der PPP-RL erforderlichen Personals fließe über § 3 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 BPflV für das Vereinbarungsjahr und dann auch für die Folgejahre in den Betrag ein. Erfülle ein Krankenhaus die für das Jahr vereinbarte Stellenbesetzung nicht, sei im Gesamtbetrag und auch in dem krankenhausindividuellen Basisentgeltwert ein zu hoher Pflegepersonalaufwand abgebildet. Das Krankenhaus habe damit den Ausgleich für Personalkosten erhalten, die gar nicht angefallen seien. Ein Ausgleich dieses Erlöses sei nicht vorgesehen. Die für das Folgejahr zu vereinbarende Absenkung des Gesamtbetrages bewirke lediglich auf Budgetebene dessen Rückführung auf den tatsächlich im Vereinbarungsjahr angefallenen Kostenaufwand. § 3 Abs. 3 Satz 10 BPflV greife den fehlenden Ausgleich für das Vereinbarungsjahr auf. Indem das Krankenhaus nach einer erfolgten Absenkung des Gesamtbetrags die vereinbarte Stellenbesetzung vornehme, erhöhen die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten den Gesamtbetrag erst im darauffolgenden Jahr. Es bedürfe aber keines nochmaligen Ausgleichs im Jahr der tatsächlich erforderlichen Stellenbesetzung. Die Absenkung des Gesamtbetrages stelle sich damit nicht als Sanktion für die Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen dar, sondern als Anpassung des Gesamtbetrages an den tatsächlichen Kostenaufwand des Krankenhauses. Demgegenüber quantifiziere der in § 13 PPP-RL geregelte Part zum Vergütungsabschlag die mit der fehlenden Personalausstattung verbundene Qualitätsminderung und sanktioniere diese. Die Sanktion setze nur aus regelungstechnischen Gründen an eine Einzelvergütung an. Jedoch wirke sich die Sanktion auf der Budgetebene dahingehend aus, dass ein sanktionsbedingter Mindererlös nicht in einem Folgebudget ausgeglichen werde und auch nicht darauf ausgeglichen werden dürfe.
Es sei nicht zu entscheiden, ob durch die Vergütungsabschläge eine generelle Gefährdung der Sicherung der stationären psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung eintreten könne. Eine derartige Gefährdung sei nicht dargetan. Im Übrigen habe der Gesetzgeber dem GBA mit § 136a Abs. 2 Satz 4 SGB V aufgegeben, notwendige Ausnahmetatbestände und Übergangsregelungen zu bestimmen. So seien großzügige Übergangsfristen zur Erfüllung der Mindestvorgaben vorgesehen. Die festgesetzten Mindestvorgaben für den Tagdienst müssen erstmals 2029 vollständig erfüllt sein. Ein Vergütungsabschlag komme erstmals 2026 nach einer Übergangsfrist von sechs Jahren und dann auch nur in moderater Höhe zum Tragen. Zudem habe der GBA eine Beobachtungspflicht und sei aufgefordert, bei einer sich abzeichnenden generellen Gefährdung der Sicherstellung der Versorgung die Regelung anzupassen.
Der Vergütungsabschlag verstoße auch nicht gegen die Regelungen zur Strukturprüfung. Soweit die Klägerin hier einen Wertungswiderspruch sehe zwischen dem Vergütungsabschlag nach § 13 PPP-RL und dem Ausschluss der einzelfallbezogenen Prüfung nach § 275c Abs. 6 Nr. 2 SGB V, insbesondere des OPS 9-60, übersehe sie, dass es um unterschiedliche Vorgaben gehe. Die Strukturprüfung umfasse das Preisrecht, die PPP-RL die Qualitätssicherung. Durch den Ausschluss einer Strukturprüfung könne auch kein Vertrauensschutz in Bezug auf qualitätssichernde Maßnahmen und Vorgaben entstehen. Deswegen seien auch unterschiedliche Prüfungen durch den Medizinischen Dienst vorgesehen. Bei den Strukturprüfungen gebe es ein präventives Prüfverfahren, bei der Einhaltung der PPP-RL eine Prüfung auf Grundlage der übermittelten Daten.
Die Vergütungsabschläge bei Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten seien ebenfalls verhältnismäßig. Nach § 13 Abs. 8 Satz 2 PPP-RL seien vom Krankenhaus und den Budgetvertragsparteien quartalsbezogen ein gestaffelter Abschlag je vereinbartem Rechnungstag festzulegen, wenn das Krankenhaus in einem Kalenderjahr die Frist mindestens einer Mitwirkungspflicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 PPP-RL um mehr als 90 Tage überschritten habe. Die Höhe der Abschläge sei danach gestaffelt, in wie vielen Quartalen des Kalenderjahres das Krankenhaus die Mitwirkungspflichten nicht erfüllt habe. Diese Mitwirkungspflichten betreffen den quartalsweisen Nachweis der Einhaltung der Mindestvorgaben. Wenn die Unterlagen nicht fristgerecht übermittelt würden, erfolge durch das IQTIG zunächst eine schriftliche Erinnerung. Die Krankenhäuser hätten also eine ausreichende Zeit, um die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln. Zugleich sei es zur Prüfung der Umsetzung zwingend erforderlich, dass die Krankenhäuser die entsprechenden Angaben zeitnah liefern. Durch die Regelung zur Änderung und zur Nachfrist seien ausreichende Sicherungsmechanismen vorhanden, die dem Krankenhaus bei versehentlicher Nichtmeldung, technischen Problemen oder anderen Hinderungsgründen sanktionslos ausreichend Gelegenheit zur Nachholung der Meldung verschaffen.


C.
Kontext der Entscheidung
1. Der GBA ist aufgefordert, in einer Vielzahl von Fällen Vorgaben zur Qualitätssicherung aufzustellen. Ein besonderer Fall ist die PPP-RL, weil diese sämtliche Einrichtungen der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung umfasst und dort eine umfassende Vorgabe aufgestellt wird, welches Personal vorzuhalten ist. Wenn die Einrichtung das Personal nicht hat, bleibt es ihm nur übrig, die Zahl der zu behandelnden Patienten zu reduzieren.
Die PPP-RL war von Anfang an umstritten, schon weil es fraglich war, auf welcher Grundlage hier Mindestpersonalvorgaben aufgestellt werden sollten. Das BSG bestätigt, dass es eine wissenschaftliche Evidenz i.S.v. S3-Leitlinien nicht gibt. Vielmehr beruhen die Vorgaben auf Erfahrungswerten aus der Vergangenheit, dem bisherigen Usus und Aussagen von Fachexperten. Maßgeblich herangezogen wurden insbesondere die Psych-PV von 1991, d.h. eine 30 Jahre alte Regelung, die nur im Rahmen von Budgetvereinbarungen herangezogen wurde (und auch dann nur mangels besserer Alternativen). Nichtsdestotrotz hat es dem BSG ausgereicht, dass auf dieser Grundlage die Qualitätssicherungsvorgaben eingehalten wurden und Mindestvorgaben an das Personal aufgestellt wurden. Soweit Abweichungen von den bisherigen Regelungen gerügt wurden, seien diese aus Sicht des BSG jedenfalls hinreichend plausibel begründet worden.
2. Zur begrüßen ist die Klarstellung des BSG, dass ein Verstoß gegen die Vorgaben der PPP-RL nicht dazu führt, dass ein Krankenhaus bestimmte Leistungen nicht erbringen oder nicht abrechnen darf. Als Sanktionen sind hier nur Vergütungsabschläge vorgesehen. Diese Vergütungsabschläge sind nach einem relativ komplexen mathematischen Schema zu berechnen und von den Vertragsparteien zu vereinbaren.
Das BSG hat zwischenzeitlich entschieden, dass ein Verstoß gegen Richtlinien zur Qualitätssicherung nicht automatisch zum Wegfall des Vergütungsanspruchs führt – sondern nur dann, wenn die entsprechende Richtlinie dies ausdrücklich vorsieht (BSG, Urt. v. 12.06.2025 - B 1 KR 30/23 R - minimalinvasive Herzklappeninterventionen; BSG, Urt. v. 12.06.2025 - B 1 KR 26/24 R - Kinderonkologie). Ob das Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V verletzt wurde – was die Krankenkasse zur Verweigerung der Bezahlung berechtigen würde –, ist jeweils im Einzelfall zu prüfen.
3. Auf die während des Verfahrens geäußerte Kritik an der Verhältnismäßigkeit der Sanktionen, insbesondere ihrer praktisch erdrosselnden Wirkung, hatte der GBA schon frühzeitig reagiert und die Sanktionen in der Höhe deutlich reduziert. Auch jetzt noch sind die Beträge nicht klein, aber nicht mehr so hoch, dass die Sanktion unmittelbar eine erdrosselnde Wirkung hat. Aus der Entscheidung lässt sich auch erkennen, was Sinn und Zweck der Sanktionen sein soll: Mit der Sanktion soll der wirtschaftliche Vorteil abgeschafft werden, den ein Krankenhaus dadurch hat, dass es das notwendige Personal nicht vorhält. Damit spart es sich Personalkosten, und dieser wirtschaftliche Vorteil soll dann durch die Sanktion dem Krankenhaus genommen werden. Umgekehrt hat das Krankenhaus damit einen Anreiz, tatsächlich das Personal einzustellen und die Personalkosten zu produzieren, damit dann die Sanktion nicht fällig wird.
Ob das geforderte Personal überhaupt verfügbar ist, ist aus Sicht des BSG erst einmal irrelevant. Auch hat der GBA dies nicht zu berücksichtigen. Sollte es zu Versorgungslücken kommen, wäre dies Aufgabe der Bundesländer, hier Ausnahmeregelungen zu fordern und vorzusehen. Im Übrigen habe der GBA eine entsprechende Beobachtungspflicht.
Der Vergütungsabschlag als Sanktion habe auch keine Doppelwirkung in Bezug auf die Regelungen zu den Budgetvereinbarungen. Zwar sei auch bei den Budgetvereinbarungen vorzusehen, dass ggf. nichtentstandene Personalkosten, die Grundlage des Budgets seien, in den Folgebudgets dann abzuziehen seien. Wenn jedoch gleichzeitig der Vergütungsabschlag bestehe, seien dies unterschiedliche Regelungselemente, die auch nicht zu einer Doppelsanktionierung führen würden. Denn durch die Vergütungsregelungen im Rahmen des Budgets würde in den Folgejahren ein verringerter Personalaufwand berücksichtigt, jedoch kein hinreichender Ausgleich für nicht verausgabte Personalkosten erreicht.
4. Der GBA hat auf das Urteil reagiert und mit Beschluss vom 18.06.2025 die PPP-RL erheblich geändert (vgl. https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/1266/, zuletzt abgerufen am 24.06.2025). So entfällt die stations- und monatsbezogene Dokumentation des Personaleinsatzes. Die Flexibilität beim Einsatz von Personal wird erhöht. Die neue Fassung soll zum 01.01.2026 in Kraft treten. Allerdings bleibt es bei den Sanktionen ab 2026 (krit. auch https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/dkg-erzielt-im-g-ba-bedeutende-flexibilisierungen-beim-personaleinsatz-in-der-versorgung-psychisch-erkrankter-menschen/, zuletzt abgerufen am 24.06.2025).
5. Das BSG hat auch noch einmal klargestellt, welches Verhältnis zwischen den Strukturprüfungen und den Qualitätssicherungsvorgaben besteht. Im Kern besteht dort kein Ausschließlichkeitsverhältnis, sondern jegliche Regelung hat unterschiedliche Ziele und Ansätze, weswegen dann auch unterschiedliche Regelungsverfahren gewählt würden. Die beiden Systeme stehen nebeneinander und seien komplementär, aber nicht ausschließend.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Das BSG akzeptiert, dass Richtlinien des GBA auch unmittelbar rechtlich überprüft werden, insbesondere wenn ihre Nichteinhaltung mit erheblichen Sanktionen bedroht ist. Es erkennt an, dass Leistungserbringer frühzeitig Klarheit erhalten wollen – hier immerhin fünf Jahre nach Inkrafttreten.
Inhaltlich führt die Entscheidung kaum weiter. Sie bestätigt den weiten Ermessensspielraum des GBA bei der Umsetzung von Qualitätssicherungsvorgaben.
Zugleich bekräftigt sie noch einmal, dass ein Verstoß gegen Qualitätssicherungsvorgaben grundsätzlich nicht zu einem Leistungserbringungsverbot führen kann, sondern in aller Regel wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur zu einem Vergütungsabschlag, aber auch nicht zu einem Vergütungswegfall. Die Abschlagshöhe müsse rational begründbar sein und dürfe nur abstrakt vorgegeben werden.



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